Als Klasse kämpfen – gegen die Klimakrise

Die Klimagerechtigkeitsbewegung hat in den letzten Jahren große Schritte nach vorne gemacht. Die Aktionen von Ende Gelände ziehen nicht nur Medienaufmerksamkeit auf sich, sie unterbrechen auch effektiv für ein paar Tage den Braunkohleabbau in den besetzten Gruben. Außerdem wird einem ganzen Haufen Menschen gezeigt, dass wir uns über Gesetze des Staates hinwegsetzen können. Die Kämpfe im Hambacher Forst haben nicht nur große Sympathien aus der Bevölkerung erlebt, sondern auch ein vergleichsweise hohes Militanzniveau mit einer Massenbewegung verbunden. Ohne das es dem Staat und der Polizei möglich war einen Keil zwischen „friedlichen Demonstrant:innen“ und den „schwarzen Block“ zu treiben. Fridays for Future ist die größte Jugendbewegung seit vielen Jahren und hat es wie keine andere Bewegung der letzten Zeit geschafft Umweltthemen an jedem Esstisch präsent zu machen.

Wie in allen Bewegungen, die einen großen Teil des „progressiven Spektrums“ begeistern, gibt es auch in der Klimabewegung Auseinandersetzungen um die richtige Linie. Was für Aktionen sind legitim? Ist es sinnvoller schöne Fotos für die Presse zu erzeugen oder muss der militante Widerstand aufgebaut werden? Müssen wir vor allem an uns selber arbeiten oder den Kapitalismus insgesamt abschaffen? Sollen wir uns parteipolitisch engagieren oder ist der Druck von der Straße wichtiger? Die Grünen und andere Parteien wollen Einfluss entfalten und die Bewegung für sich (und die parlamentarische Arbeit) vereinnahmen. Radikale KonsumkritikerInnen wollen am liebsten selbstorganisierte Bauernhöfe gründen und Evangelikale wollen Gottes Schöpfung bewahren.

In diesem Artikel wollen wir aus kommunistischer Sicht einen Beitrag zu laufenden Debatten in der Klimagerechtigkeitsbewegung liefern.

Die Umweltkrise zeigt sehr direkt und leicht erklärbar auf warum das heutige Wirtschaftssystem keine Zukunft hat. Auf dem Weg dahin den Planeten und damit seine eigene Grundlagen zu vernichten, lässt uns der Kapitalismus nur zwei Optionen: Entweder werden sich die Lebensbedingungen der gesamten Menschheit bis hin zum möglichen Zusammenbruch der „Zivilisation“ rasant verschlechtern, oder wir schaffen den Kapitalismus ab.

Teile der Klimagerechtigkeitsbewegung packen in ihrer Praxis schon an der richtigen Stelle zu: der Wirtschaft. Wenn Braunkohlegruben und Kraftwerke blockiert werden schadet das der kapitalistischen Wirtschaft an einer sehr empfindlichen Stelle. Ohne Strom ist die Produktion nicht vorstellbar. Wir denken, dass dieser Umstand einen viel größeren Stellenwert einnehmen sollte. Oft wird Antikapitalismus im Vorbeigehen erwähnt aber was das eigentlich ist und wie eine Gesellschaft jenseits von Profitlogik aussehen kann bleibt offen. Es wäre aber nötig herauszustellen, dass wir nicht nur die Logistik der Umweltzerstörung blockieren, sondern auch und vor allem die Logistik des Kapitalismus. Wir sehen die Lösung der Umweltkrise im Sturz des Kapitalismus, nicht nur im Umstieg auf erneuerbare Energien und bewusste Ernährung. Solange hier noch irgendwas nach dem Prinzip des maximalen Gewinns produziert wird, leidet die Umwelt automatisch. Diese Sichtweise führt uns auch zu einem wunden Punkt der Bewegung. Wir müssen auf dem Weg zur einer Perspektive jenseits des Kapitalismus anfangen uns auf die lohnabhängige Klasse zu beziehen, mit ihr zu arbeiten und die Selbstorganisation voranzutreiben. Ja, auch und erst recht die Teile der Klasse, die bei RWE arbeiten. Also auf genau den Teil unserer Gesellschaft, der tatsächlich produziert und dadurch sowohl in der Lage ist die Produktion zu unterbrechen, als auch die kapitalistische Wirtschaft durch ein demokratisch organisiertes System der Produktion zu ersetzen.

Die Aktionen von „Decoalonize“ greifen auf, dass der Kapitalismus globalisiert ist und haben als Ziel die internationalen Produktionsketten zu unterbrechen. Dafür werden Schienen, Häfen und Autobahnen blockiert. Hier treffen die gleichen Gedanken zu wie im Abschnitt vorher, aber um eine Komponente erweitert. Es geht uns um den Imperialismus und die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von kolonialisierten Ländern. Weltweit gibt es ein Ringen um Einfluss in unterdrückten Ländern, Kriege werden um Ressourcen geführt, sogar Trinkwasser ist umkämpft. Die Politik des deutschen Staates und der EU in diesem weltweiten Kampf um die Macht ist ziemlich unbeeindruckt von „westlichen Werten“ und Menschenrechten. Klimagerechtigkeit kann nicht hergestellt werden ohne die vielfältige Ausbeutung der kolonialisierten Länder zu beenden. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet die kurdische Bewegung eine intensive Auseinandersetzung mit der Ökologie vorzeigen kann. Gerade im mittleren Osten tobt der Kampf um Ressourcen und damit auch die Vernichtung von riesigen Ökosystem besonders heftig. Eine Verbindung dieser Kämpfe würde sowohl den antiimperialistischen Standpunkt der kurdischen Bewegung, als auch den  antikapitalistischen Standpunkt der Bewegung in Deutschland stärken.

Die Klimagerechtigkeitsbewegung schafft es viele Aktionsniveaus nebeneinander bestehen zu lassen. Es gibt Massendemonstrationen, Blockaden und unterschiedlichste Formen direkter Aktionen. Uns wäre es wichtig diese Aktionen mehr zusammenzuführen. Warum nicht bei Fridays for Future Blockaden durchführen? Warum nicht bei Ende Gelände einen militanteren Widerstand gegen die Polizei durchsetzen? Menschen, die sich dauerhaft engagieren, werden schließlich nicht durch eine wohlwollende Berichterstattung der bürgerlichen Presse, sondern durch überzeugende und erfolgreiche politische Arbeit gewonnen. Die Presse ist sowieso ein wackliger Verbündeter die heute BraunkohlegegnerInnen lobt und morgen Geflüchtete verurteilt. Aber: Es sind auch nicht nur die kleinen Grüppchen von vermummten AktivistInnen die eine Bewegung radikalisieren. Es sind die Zustände im Kapitalismus, verbunden mit Menschen die eine weitergehende Perspektive aufzeigen.

Um das möglich zu machen brauchen wir Strukturen die „nicht nur“ in einem der verschiedenen Zweige der Klimagerechtigkeitsbewegung aktiv sind. Wir müssten in der Lage sein alle Leute, die sich beteiligen wollen, da abzuholen wo sie stehen. Wir müssen Brücken bauen zwischen den Menschen, die sich an Aktionen beteiligen und denen, die diese Aktionen organisieren. Das Ziel ist die Selbstorganisation der AktivistInnen auf antikapitalistischer und antiimperialistischer Grundlage. Es muss Anlaufstellen geben, z.B. offene Klimatreffen, an denen alle zusammenkommen können die perspektivisch den Schritt in die politische Organisierung gehen wollen. Um zu erreichen, dass Strukturen gleichzeitig militante Aktionen und Massendemonstrationen durchführen können müssen sie sich verdeckt organisieren. Die Verbindung zwischen offenen Anlaufstellen und klandestiner Organisierung, zwischen militanten Aktionen und friedlichen Aktionen, ist eine der größten Herausforderungen die wir bewältigen müssen.

Das ist also unser konkreter Vorschlag: Mehr Organisation, mehr Konfrontation, klare antikapitalistische und antiimperialistische Standpunkte, mehr Blicke über den eigenen politischen Tellerrand hinaus und wo immer es geht mit den Kämpfen der lohnabhängigen Klasse in Kontakt kommen.

Für den Kommunismus!